Neue Deutsche Buntheit

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Seltsam nur, daß die “fremden Kulturen” im Zeitalter ihrer vermeintlichen Dekonstruktion dem eigenen Abziehbild stärker ähneln als je. Dies zu überprüfen, genügt der Besuch des größten alternativen Ethno-Events der Hauptstadt, des Berliner “Karnevals der Kulturen”, auf dem “Stern”- und “Bild”-Leser in ungewohnter Eintracht mit postkolonialen Gender-Linken ethnisch korrekt herausgeputzten Minoritätendarstellern bei ihren krampfig-originiellen Performances zujubeln. Diese jährliche Großveranstaltung, die traditionell mit zünftigen Urinier- und Kotzorgien in Kreuzberger Hausfluren endet, ist der sinnfällige Beweis für die Konvergenz von Chsristopher Street Day und Oktoberfest. Was in den achtziger Jahren mehrheitlich noch als Störung der tristen öffentlichen Ordnung wahrgenommen wurde, begrüßen die Vertreter dieser Ordnung heute als authentischen Ausdruck neuer deutscher Buntheit. Einer Buntheit allerdings, die sich nicht der entspannten Individualität verdankt, sondern dem Patchwork der ethnisierten Minderheiten, deren Angehörige immer stärker unter sich sind, je toleranter ihre Milieus koexistieren.

Magnus Klaue in der aktuellen Konkret über “Ethnomarketing”, der neusten Strategie zur Versöhnung von Kosmopolitismus und Sippenzwang.

Boycott Biennale!

Heute beginnt in Berlin das große Kunstspektakelwochenende; neben dem Gallery Weekend startet außerdem die 7. Berlin Biennale, eine der meistbeachtesten Veranstaltungen für moderne Kunst in Deutschland. Einige haben sicherlich schon die Plakate mit dem runenartigen Logo in Berlin und anderswo hängen sehen.

Kuratiert wird sie in diesem Jahr von Artur Zmijewski, über den der Spiegel schreibt, er sei ein Künstler, der sich als Anti-Künstler verstehe, sein Instrument sei der “Tabubruch, die bewußte Geschmacklosigkeit” und dass am Ende der Biennale in Berlin “ein großes, trotziges Zmijewski-Kunstwerk entstanden sein” wird. Er mache eben “Kunst, die endgültig keine sein will, sondern echter Aktivismus.”

Im Vorfeld der Biennale trat er mit seinem Video “Berek” (“Hasch mich”) in Erscheinung, bei dem eine Gruppe Nackter in der Gaskammer tanzt. Letzte Woche hat er in Berlin-Neukölln Birken aus dem ehemaligen KZ Birkenau pflanzen lassen und Martin Zet, einer der von ihm angeheuerten Künstler rief dazu auf 60.000 Exemplare von Thilo Sarazzins “Deutschland schafft sich ab” zu Verbrennungzwecken zu sammeln.

Dass aber Reflex nicht zwangsläufig mit Reflektion einhergeht und auch nicht alles Kunst ist, was von Künstlern produziert wird, hat die Gruppe Rosa Perutz in der aktuellen Ausgabe der Jungle World noch einmal auf den Punkt gebracht.

Hier sind Auszüge des lesenswerten Texts:

“Die von der Biennale proklamierte »Anwendbarkeit« der Kunst ist ein Aufruf zur real action, welche die hemmenden Diskurse der Kritik und die Zensur durch den Kunstmarkt überwinden soll. Die zum Programm erhobene Verschmelzung von Kunst und Politik löst die Kunst von ihrem konkreten gesellschaftlichen Zusammenhang und setzt sie stattdessen in einem dezisionistischen Akt als Symbol bedingungsloser Radikalität. Diese Radikalität bedarf zu ihrer Selbstdarstellung der von ihr selbst angeprangerten Autoritäten, der Zensur und der Tabus, die ständig behauptet werden müssen, um sich gegen sie auflehnen zu können.

Žmijewski hat es in seiner künstlerischen Arbeit vorgemacht: Koketterien mit dem Tabubruch wie sein geschmackloser Umgang mit der Shoa sind ein probates Mittel solcher Selbst­inszenierung, jede Kritik daran kann als Zensur durch die Mächtigen, die Medien, die Direktoren sogleich angeprangert werden. Politik wird dadurch als ein existentieller Kampf gegen und um die Macht inszeniert, in dem für Widersprüche und Ambivalenzen kein Platz ist. Žmijewski bedient mit seiner bombastischen politischen Symbolik zunächst einfach nur den kuratorischen Allgemeinplatz jeder beliebigen Biennale der Gegenwartskunst: Er schafft eine temporäre Kunstausstellung mit spektakulärem Eventcharakter und stellt die nach Berlin importierte, vermeintlich dissidente, in diesem Fall in erster Linie osteuropäische Kunstszene in einen politisch aufsehenerregenden Zusammenhang. Read the rest of this entry »

Im Zentrum des rasenden Stillstands

Die deutsche Kulturförderung ist nützlich und schlimm. Keine Frage. Darüber braucht man nicht zu streiten. Worüber aber derzeit gestritten wird, ist die Frage, ob man sie braucht oder nicht. Ebendiese Frage versuchten im Spiegel vier “Experten” zu beantworten. Dort wird viel von Umbau geredet (richtig), aber irgendwie auch zu sehr so getan, als wäre die Kultur ein Angebot-Nachfrage-System, das sich ganz gut selber regeln könnte (falsch). Wie auch immer: Heute schaltet sich der großartige Regisseur Christoph Hochhäusler ein, der zwar ebenfalls ein Profiteur dieses Systems, aber eben auch ein eigenständiger Denker ist, der nicht nur nach Mehr oder Weniger schreit.

In der “Berliner Zeitung” gibt er einerseits folgendes zu bedenken:

Zunächst, als Skizze, der Status quo: Wir haben in Deutschland eine gebührenfinanzierte und milliardenschwere Fernsehbürokratie, die im Zusammenspiel mit hoffnungslos abhängigen Kleinunternehmern Kinofilme produziert. Dazu haben wir eine Filmförderung, die von eben jener Fernsehbürokratie kontrolliert wird, so dass Filme, die man einmal senden möchte, zweimal öffentliches Geld bekommen, aber deshalb noch lange keinen guten TV-Sendeplatz – und ins Kino geht ihretwegen auch niemand. Mit am Tisch sitzt das Privatfernsehen, es stinkt so billig und gibt doch den Ton an, weil „das wollen die Leute sehen“. In der Folge kommt es zu grotesken Verrenkungen der öffentlichen Anstalten.

aber eben auch dieses:

Warum also Filmförderung? Das ist eine heikle Frage. Ich versuche eine Antwort: Förderung, weil sich der Film, den wir brauchen, am Markt nicht rechnet und weil er deswegen womöglich gar nicht erst entstehen würde. Der Boden der Filmförderung ist spekulative Kapitalismus-Kritik, ja. Denn auch wenn manchmal so getan wird: Niemand glaubt, dass die öffentliche Hand eine Filmindustrie hervorbringen wird, die eines Tages selbst laufen lernt und Hollywood Paroli bietet. Read the rest of this entry »

Grimmig, grimmiger, Grime

“London hat nicht erst durch die Aufstände im Sommer 2011 die Paranoia der Orwellschen Dystopie internalisiert. An jeder Ecke sieht man die CCTV-Überwachungskameras und immer wieder auch Schilder, die auf eine ‘good behaviour zone’ hinweisen, eine weitere Maßnahme der Politik gegen ‘antisocial behaviour’. Grundsätzlich sind zwar alle verdächtig, doch meistens reduziert sich das Raster auf drei Attribute: schwarz, jung, männlich, was genau der Zielgruppe von Grime entspricht … Read the rest of this entry »

Man muss die Piraten (nicht) hassen

Man muss die Piraten entzaubern beziehungsweise entdämonisieren, um sie zu verstehen. Und das geht ziemlich einfach. Weder sind sie Rebellen noch Blender. Weder sind sie wild, noch lügen sie. Strategische Schärfe ist von ihnen nicht zu erwarten, sie sind nicht intellektuell, eher kaufmännisch gepolt. Sie sind auch keine ‘Protest-Partei’. Sie sind im strengen Sinne nicht einmal eine Partei-an-sich, jedenfalls nicht im politischen Sinne, denn sie haben keine originären Inhalte zu bieten. Sie kümmern sich um ‘kein Erkenntnisproblem, keine moralische Frage, keine Bestimmung der Vernunft’. Was ihnen zu komplex erscheint, wird mit der Vorsilbe ‘post-’ versehen und für überholt erklärt und heißt dann zum Beispiel ‘post-gender’. Es geht ihnen vorrangig um Verfahrensweisen, Techniken, Distributionsvarianten, ganz im Stile einer übereifrigen Abteilungsleitung – nicht um Ideen, sondern lediglich um Transportwege für Ideen. Und schon gar nicht – das ist das größte Missverständnis, das um die Piraten wabert – sprechen hier ‘die da unten’ oder gar das ‘Anti-Establishment’. Im Gegenteil, es meldet sich das next Oben zu Wort, das mutmaßliche Establishment von Morgen. Es ist die aufziehende neue (Klein-)Unternehmer-Elite, die leading class der Zukunft, die sich hier erst mals unter einem allgemeinverständlichen Logo versammelt.

Katja Kullmann, “Mann muss sie nicht hassen”

Uuupsi!

Via omgblog.com

Achtung, alles dicht machen, die Studis kommen!

“Humboldt-Universität
Technische Abteilung
Referat Objektmanagement

Lieber Mitarbeiter/innen aus der Doro24 und Hegelplatz 1
aus den Reihen des Bildungsstreikes ist durchgesickert, dass wahrscheinlich die Doro24 besetzt werden soll. Bitte alle Mitarbeiter/innen informieren. Ich bitte den Hausmeister und Herrn Zaborowski für den Verschluß des Hauses zu sorgen und nur noch kontrolliert Personen ein- und auszulassen. Das Café soll nur noch den Eingang straßenseitig nutzbar machen. Ich bitte die Mitarbeiter des Hauses Ihre Flurtüren zu sichern, damit soll verhindert werden, dass sich überall Menschenmassen durch das Haus wälzen können.

Vielen Dank.”

… and some is poor.

I’m trying to keep up with artists who have had a similar amount of success as I have had, buying expensive meals, expensive jeans, expensive drinks, and trying my hardest to appear to be making the same amount of money as they are. I’m not them, for whatever above-mentioned reasons, but I just can’t pretend anymore. This is my coming out. I’m done feeling bad about myself. I wish I could afford a personal meeting with Suze Orman. She’s a lesbian. Maybe she could help me reestablish my financial security.

I’m so lucky to have gained so much from my life and my amazing career, but I’m ready to feel secure. I’m ready to build my future and save money so that I can have a family, so that I can enjoy making art and not trying to create a product out of it, so that I can spend more time being present and less time being a workaholic, frantically searching for the profitable answer. And if I need to, I’m ready to get a job, go to work in the morning, get a paycheck once a week, go to the dentist, get a check-up, bottom out to a boss and appreciate music without being worried that I can’t keep up.

We live in a society where people equate success with money. They see me on the pages of Vogue. They see me playing to an adoring crowd. They see me flying to gigs all across the world. And I’m not sure what people imagine, but I’m struggling, too. Over the past couple of weeks, I have realized how many other artists and musicians are in my position, people who are proud of their success but feel unable to continue, based on financial strain. Artists such as Spank Rock, Das Racist and the Drums have featured lyrics on their new records about struggling financially. My band MEN put out a record in February with similar tones. I know the economy is failing, but I think it is important to remember that it is failing for everyone.”

JD Samson: “I love my Job, but it made me poorer

The revolution will be fashionized

TAKE THAT

Hipstertriangle
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