Randale und Liebe

Die trostlosen bundesrepublikanischen 80er-Jahre hatten gerade erst begonnen, als der Filmemacher Thomas Schmitt in seiner Doku Randale und Liebe 1981 junge Punks (Kerle mit fast blank rasierten Schädeln, Gebammel am Ohr, Riemen und Flitter an den Beinen; Mädchen mit grell gefärbtem Zottelhaar in pink, orange oder giftgrün, Vaseline drin, Talkum drüber; zerschlissene T-Shirts, speckige Leder-Klamotten, abgewetzte Jeans; die ganze Sado-Maso-Montur gespickt mit derben Schlachtrufen: “Chaos”, “Fuck you!”, “Anal Terror”, gelegentlich auch Hakenkreuzen.) in Köln begleitete und interviewte. Am Ende wird geheiratet und als musikalisches Highlight gibt sich Cotzbrocken, die zweifelsfrei beste Deutschpunkband aller Zeiten, die Ehre. Trotz mittelguter Bild- und Tonqualität, eine sehenswerte Doku: Read the rest of this entry »

Studentenbild, Meike Schreiber und Blockupy

Während von FAZ bis Guardian kritisch und zeitnah über die Kesselung des antikapitalistischen Blocks in Frankfurt berichtet wird, hat Spiegel Online es sich nicht nehmen lassen eine Kompetenzbombe erster Güte mit einem Bericht über die Demonstration zu beauftragen. Die Rede ist von Meike Schreiber, die laut ihres XING-Profils prädistiniert für die Berichterstattung aus Frankfurt zu sein scheint:

Exklusiven Finanzjournalismus mit besten Kontakten zu den Entscheidern in der deutschen Bank- und Immobilienbranche. Langjährige Erfahrung insbesondere aus der Berichterstattung über Landesbanken und Sparkassen. Ich beherrsche alle journalistischen Stilformen, angefangen von klassischen Nachrichtengeschichten, Scoops, Portraits, Analysen bis hin zu Magazingeschichten und Kommentaren

Irgendwie geht es ja bei Blockupy um Bank und Finanzen und die Beherrschung der Stilformen drückt sich dann eben in solchen Höhepunkten des Online-Journalismus aus. Alleine die Einleitung ist an biederer, schlecht formulierter Aussagelosigkeit (natürlich garniert mit der ersten Spiegel-Pflicht VERGLEICHE, VERGLEICHE, VERGLEICHE) kaum zu unterbieten:

Die Auftaktveranstaltung auf dem Baseler Platz im Bahnhofsviertel ähnelte am Morgen einer Mischung aus Stadtteilfest, Junggesellenabschied und Trauermarsch. Keine Spur von der vorrevolutionären Stimmung des vergangenen Jahres, als sich die Frankfurter als Teil eines weltumspannenden Ganzen fühlen konnten. Als Tafeln und Plakate (“New York, Rio, Tokio”) davon kündeten, dass Occupy in ähnlich vielen Ländern präsent war wie die Deutsche Bank.

Von über 30 Verletzen und teils Schwerverletzten bei der Kesselräumung ist nicht viel zu lesen (Stundenlang kesseln Polizisten Hunderte Vermummte ein. Schließlich, Stunden später, werden die Aktivisten aus dem Kessel abgeführt.), von Rettungswagen, die von der Polizei nicht durchgelassen werden oder einer breiten Empörung (nicht nur bei den Schwarze-Block-Nazi-Kommunisten-Chaoten) schweigt die Sparkassenexpertin lieber. Aber immerhin kann sie ihr im BWL-Studium antrainiertes Wissen auch mal auf so soziale Bewegungskram anwenden:

Jetzt, in diesem Jahr, richten sich die Proteste längst nicht mehr nur gegen die Banken und die EZB, die für die Aktivisten das Symbol der europäischen Krisenpolitik ist. Am Flughafen wird gegen die Abschiebung von Flüchtlingen demonstriert und auf der Einkaufsmeile Zeil gegen schlechte Produktionsbedingungen in der Textilwirtschaft sowie Mietpreiserhöhungen in Großstädten. Blockupy hat sein Geschäftsmodell diversifiziert, an Attraktivität freilich mangelt es.

Bleibt zu hoffen, dass SPON auch zukünftig Ereignisse wie in Istanbul oder Frankfurt mit dem Gestus eines Lokalblättchens online aufarbeitet, sich einen türkischen Frühling herbeihalluziniert, und Schreiber vom Schlage der Sparkassen-Expertin auf solche Ereignisse ansetzt, dann gibt es wenigstens weiterhin einiges zu lachen.

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