Herr Luedtke
0Noch mehr Platz für Mittelmaß
Eigentlich sollte hier ein Report über die Mens Fashion Week in Paris stehen, die letzten Montag zu Ende gegangen ist. Doch leider lag ich an zwei von drei Tagen, die ich in der Stadt war, krank im Bett und konnte nicht den Bruchteil dessen sehen, was geplant war.
Immerhin, zur Raf Simons Show hatte ich es geschafft. Doch da wurde es dann noch ernüchternder. Schon vor dem Einlass gab es nur ein Gesprächsthema: Diese wird Raf Simons‘ letzte Kollektion, anscheinend kann das Haus schon seit langem seine Rechnungen nicht mehr bezahlen. Was? Einer der klügsten Köpfe der Mode soll pleite sein?
Als ich Mitte der Neunziger zum ersten Mal ein Teil aus Simons‘ Kollektion kaufte dachte ich, endlich ist auch die Männermode in der Moderne angekommen. Simons war es, der die Männer seit 1995 endgültig vom Volumen der Achtziger befreit hat. Die klare Vision des Meisters hat sich vor allem immer in seiner Konfektion – Sakkos, Anzüge, Mäntel – manifestiert.
Der „neue Anzug“, wie er damals betitelt wurde, brauchte zwar eine Weile, bis er im Mainstream angekommen war, aber er begleitet uns bis heute: schmale Schulter, schmales Revers, schmale Gesamtsilhouette. Oft wird dieser Erfolg Hedi Slimane zugeschrieben. Ich wage aber zu behaupten, dass Simons den Weg für andere clevere Köpfe wie Slimane erst geebnet hat.
Simons schien mir immer einer der letzten Denker in der Mode zu sein, die ein anspruchsvolles Produkt dem Kommerz überordnen. Was soll aus der Mode werden, wenn es nicht einmal renommierte Häuser mit großen Namen wie dem von Raf Simons schaffen, langfristig zu überleben?
Nun wissen wir natürlich nicht, woran es liegt, dass Simons – zumindest vorübergehend – die Türen schließen muss. Ein guter Designer ist nicht immer auch ein guter Geschäftsmann. Trotzdem bleibt die Frage: Ist auf dieser Welt nur Platz für Mittelmaß?
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