Im Potpourri der Gräßlichkeiten findet sich in diesem Monat das große Schwiegereltern-in-Spe-Kennenlernen. Und das an meinem Geburtstag. Welcher Teufel mich bei dieser Entscheidung geritten hat, das kann ich im Nachhinein auch nicht sagen. Meine Mutter schenkt mir eine hochgiftige Pflanze für unsere Katzen. Wenigstens sieht sie in diesem Jahr von zusätzlichem Plunder wie Etuis, riesigen Dekoweihnachtskugeln oder esoterisch angehauchtem Schnickschnack ab.
Nachdem meine Eltern sich gegenseitig bewiesen haben, gute Eltern zu sein, werden Kindergeschichten rausgeholt. Kindergeschichten, in denen die kleine Frau Schweinemett mit den Streichholzbeinen und den lustigen Zöpfen im Streichelzoo von einem Hängebauchschwein geküsst wurde und krähend in Tränen ausbrach. Meine Mutter zaubert beim Codewort „Zoo“ mit einer hyänenartigen Lache ihre Kamera aus ihrer 80er Jahre Handtasche und möchte uns ihren neusten Film zeigen: Zoobesuch reloaded. Als ich denke, es kann nicht mehr schlimmer werden, beginnt der leidige Elternmonolog über Politik. Ich bin nahe dran, ein „Stammtischschildchen“ aus dem Keller zu holen und meine Küche in einem gutbürgerlichen Stil mit schönen Hirschgeweihen einzurichten. Die Erwachsenen einigen sich in einem Reigen der Völkerverständigung darauf, dass es ja „solche und solche gibt. Solche sollten aber im Zweifelsfall ausgewiesen werden.“ Die Kinder (29 und 30 Lenze) dürfen schweigen. Mir bleibt nur die Hoffnung, dass ich im Krankenhaus vertauscht wurde. Oder irgendwann adoptiert. Anders kann ich mir das alles nicht erklären.
Meine neuen Helden sind „Wir sind Helden“. Naja, eigentlich nicht. Da hat dieses Teufelsweib doch einfach mal einen frechen Brief an eine Werbeagentur geschrieben, die mit „Wir sind Helden“ Bildzeitungswerbung machen wollte. Toll, da hat sich doch echt mal jemand gegen den bösen Herrn Springer aufgelehnt. Das Volk jubelt und wirft kollektiv seine Volksmikrowellen aus dem Fenster. Revolution! Eigentlich wäre es eine witzige Aktion, würde dieser offene Brief eben nicht mit der Veröffentlichung der neuen Single zusammenfallen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt… Vielleicht sollte ich Frau H. einfach mal mein mit Tollwutschaum überzogenes GEZ-Kündigungsschreiben zukommen lassen, damit sie weiß, wie ein ordentlicher Beschimpfungsbrief auszusehen hat.
Im Februar hat mich dann auch endlich eine Grippe inklusive Schweinegrippe-Witzen erwischt. Ich lande bei einem völlig durchgeknallten HNO-Arzt namens Dr. Bienenkopf. Er trägt weiße, spitze Zuhältermokassins, eine viel zu kurze Hose und hat in meiner Vorstellung einen riesigen Insektenkopf wie bei „Die Fliege“. Zudem hat er sich mit einem Mundschutz vom Übel der Menschheit abgeschottet und hält während der Untersuchung einen Sicherheitsabstand von mindestens zwanzig Metern ein. Dr. Bienenkopf hat ein seltsames Stöckchen in der Hand, mit dem er einem defensiven Fechtmanöver versucht, meine Nebenhöhlen auszumessen und springt wild gestikulierend um mich herum. Er guckt auf meine Ohren, sieht meine Piercings und fragt schubladengerecht: „Ach, Sie studieren?“- „Nein, ich bin fertig. So oder so.“ – „Ach na dann muss ich Sie krankschreiben! Sie sind hochvirulent! Für mindestens äh ja fünf Tage! Äh bis Dienstag!“ Er zählt zweimal laut nach, ist völlig verwirrt, als ich ihm sage, dass zwei Tage bis zum Wochenende ja auch erstmal in Ordnung sind. „Äh ja warten Sie mal! Fünf Tage! Seit wann sind sie krank?“ – „Seit Mittwoch.“ Er beginnt erneut, laut vor sich hin zu zählen: „Mittwoch, Donnerstag… Sonntag. Ja das passt.“ Ich bin irritiert und warte auf Kurt Felix und Paola, die mit dem zauseligen Raben hinter einem Medikamentenschränkchen auftauchen und „Verarscht!“ rufen. Passiert aber nicht. Ich habe meine AU, eine Empfehlung für eine Nasendusche und schiebe ab in den Edeka.
Als vor einem Regal stehe und grade nicht mehr weiß, was ich eigentlich dort wollte, quasselt mich direkt ein Opa an: „Der Kaffee ist schon wieder teurer geworden! 5,49 € für ein Pfund! Wer soll das noch bezahlen?“ Bevor er mir erzählen kann, dass früher ja alles besser war, krächtze ich ihn (soweit es mein geschwollener Hals zulässt) an: „Sie mit ihrem beschissenen Altherrengenörgel! Müssen Sie denn den Kaffee von Mövenpick kaufen? Ist das nötig? Hier, der kostet 3,49 €. Rechnen Sie es sich meinetwegen in Reichsmark aus, aber lassen Sie mich bloß mit ihrem Wohlstandsgejammere in Ruhe. Woanders verhungern Menschen!“ Ich liebe ja solche Pauschalfrotzeleien. Bevor Eduard etwas sagen kann, packe ich mir eine winzigkleine Dose frischgepressten Ananas-Mangosaft zu 2,00 € in den Korb und rausche kopfschüttelnd ab. Wohlstand. Pfft.
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