1967 lagen Judenmord und bedingungsloser Kampf für Vaterland und Volksgemeinschaft keine 25 Jahre zurück. Nachdem im Nationalsozialismus der Umgang mit Sexualität zumindest für Nichthomosexuelle, Nichtbehinderte, Nichtjuden partiell noch relativ progressiv war, folgten die biederen 50er Jahre und der konservative Backclash. Statt einer Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit, wurde verdrängt, relativiert und protestantisch geprägte Moralvorstellungen mit Verweis auf die sexuelle Enthemmung im nationalsozialistischen Deutschland durchgesetzt. Selbstbeschränkung und Arbeitseifer, die klassischen deutschen Tugenden, bestimmten das Leben in der postnazistischen Bundesrepublik. Dementsprechend waren junge Menschen, die keine Lust auf Leistungsdruck und Spießerleben hatten, sondern nur gammeln wollten, beliebtes Ziel der Vernichtungswünsche deutscher Bürger.

In der Reportage Herbst der Gammler aus dem Jahr 1967 porträtiert Peter Fleischmann die Gammlerjugend in München. In einer von Polizeischikane, bürgerlicher Ablehnung, aber auch individueller Freiheit und Emanzipation geprägten Welt, ist die Konfrontation mit einer tiefen Sehnsucht nach dem Faschismus omnipräsent und der Vernichtungswille gegenüber den faulen Subjekten groß: “Ein kleiner Hitler müsste her!” ist keine Einzelmeinung, sondern spiegelt durchaus die reaktionären Ansichten eines nicht geringen Teils der deutschen Bevölkerung wieder.

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