wir hatten so gute Jahre miteinander. Damals, als ich noch ein Abo hatte und jeden Morgen mit Dir die ersten Glücksmomente erlebt habe. Ich hab Dich immer von hinten gelesen. Damals war da hinten die taz Bremen. Und ich habe mich in Dir irgendwie zu Hause gefühlt. Es gab ein paar Autoren, die ich immer so gern las. Die meisten sind heute nicht mehr da. Irgendwann habe ich dann auch andere Zeitungen entdeckt. Ist ja ganz normal. Aber heute bin ich richtig traurig. Weil ich glaube, dass ich mich endgültig von Dir verabschieden muss.

Versteh mich nicht falsch, dass Du eine ganzseitige Anzeige an die Bild verkaufst, kann ich gut verstehen. Du brauchst Geld, wer braucht das nicht. Damals hattest Du schon mal eine Anzeige von der selben Zeitung. Wie ging die noch? Ich erinner mich nicht mehr. Aber ich weiß noch, sie war irgendwie lustig. Also auch für Dich. 12. 500 Euro bringt so eine Anzeige, steht in Deinem Blog. Nur diesmal kommt mir das recht wenig vor, denn diesmal ist die Anzeige für Dich gar nicht so lustig geworden.

Also, da hat eine Werbeagentur die Band Wir Sind Helden angefragt, ob sie nicht Werbung für die Boulevardzeitung machen möchte, die Dir nebenan sitzt. Die haben natürlich (!) Nein gesagt und dann hat deren emotional-intellektuelles Oberhaupt einen Brief zurückgeschrieben, weil sie durch die Anfrage wohl schon irgendwie “persönlich beleidigt” war. Diesmal war der Brief allerdings öffentlich. Und die braven Demokraten haben geklatscht. Helau, endlich zeigt es denen mal jemand! Genau.

Und nun hat die Bild den Brief bei dir abgedruckt, allerdings als Anzeige. Das ist natürlich wahnsinnig absehbar und auch kaum gewitzt von denen. Dennoch bist Du, liebe taz, der größere Verlierer, nämlich weil Du der Anzeige ein Interview mit Judith Holofernes daneben gestellt hast.

Zunächst einmal stimmt es mich wahnsinnig traurig, dass die Internetheinis – und auch Du – jemanden zum Helden, ja gar zu “einer großen Demokratin” machen, der etwas selbstverständliches getan hat. Keine Werbung für ein Boulevardblatt zu machen, das ist doch nicht “mutig” oder “heldenhaft”, das ist doch breiter Konsens. Also ist doch nicht die Band der Held, sondern alle Teilnehmer dieser Kampagne sind die Feinde. Ist das denn schon wieder vergessen worden? Auch von Dir?

Als Judith H. würde ich mir von Dir doch etwas verkackeiert vorkommen. Najagut, als Judith H. würde ich vermutlich gar kein Interview über etwas geben, was mir selbstverständlich ist, aber so sind sie eben. Stichwort “Herzhygiene”. Aber benutzt Du die Sängerin nicht, um Deine Feindesanzeige zu legitimieren oder zumindest auszugleichen? Du kommst jetzt irgendwie als Opfer rüber, dem eben nichts anderes übrig bleibt, als die Beine für einen schlechten Witz von Springer breit zu machen. Und dem nichts anderes einfällt, als der klägliche Versuch einer Selbstironie. Aber das mit der Selbstironie konnte die Gegenseite schon immer besser. Das weißt doch auch Du. Oder ist das zur Schau gestellte Reflexion? Oder ist das die Betroffenheit gegenüber der unabwendbaren Gesamtscheiße? Warum traust Du Deinen Lesern denn nicht mehr zu, dass sie die Perfidität der Boulevard-Anzeigen von alleine verstehen? Ich bin verwirrt, es bleibt ein komischer Beigeschmack, so etwas wie Fremdscham.

Deine traurige Leserin
Laura

Der ganze ist hier nachzulesen.

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14 Responses

  1. dL says:

    Was ist der Unterschied zwischen einer Nutte und einer Hure? Die Bild fickt dich umsonst, die TAZ lässt dich bezahlen.

  2. ell says:

    hallo.

    gehts noch?

    lassen wir das thema sexarbeit hier mal raus. da sprechen wir dann am 8.3. drüber.

    der artikel von frau ewert trifft den punkt genau. das gefällt. auch wenn ich noch nie der illusion erlegen war, die taz sei ein lesbares ding.

    e

  3. discofiasko says:

    am besten find ich den teil, wo sie die kampagne von bild als perfide bezeichnet.

  4. herbert says:

    klugscheisserei. laura mich am arsch und ab heute: HATE mich am arsch.

  5. m,.janad says:

    Ich mag die taz auch nicht mehr,selbstverliebt und großkackig kommt sie daher deckblatt für möchtegernkapitalisten und herbert …finger in po

  6. Julian says:

    Äääh Laura, zu welchem Verlag gehört nochmal gleich die WELT? It’s a postmodernes antideutsches Schnulli-Hedonisten thing you wouldn’t understand? Oder etwa “der klägliche Versuch einer Selbstironie?” Eher ganz perfide Doppelmoral und keinen Deut besser als Bild, taz…

    Frei nach Abe Duque & Blake Baxter: “Hatemag, what happened? You used to be so good.”

  7. Jonas says:

    first regel: never besoffen in blogs kommentieren
    second regel: never besoffen in blogs kommentieren, even wenn somebody sich erdreistet the lieblingszeitung zu kritisieren
    but: i find the vehemenz und emphase irgendwie très sympa
    lateinisch und ad hominem spare ich mir, oder?

  8. Julian says:

    besoffen kommentier ich nur auf intro.de. das is übrigens auch meine lieblingszeitung. und ja, bitte kein latein. danke.

  9. Laura says:

    sag doch noch mal, was genau dein vorwurf ist. das wird in deinem ersten post nicht so ganz klar.

  10. Julian says:

    ok, da du so nett und aufrichtig fragst möchte ich auch nett und aufrichtig antworten: ich finde es problematisch, als selbst gelegentlich für springer-blätter schreibende person die taz für eine vermeintlich undistanzierte haltung gegenüber einem springer-blatt zu kritisieren.
    das ist alles.

    peace

  11. Laura says:

    aber du hast schon auch ergoogelt, dass ich auch gelegentlich für die taz schreibe, oder?
    und springst du nur für die taz in die bresche weil du auch gelegentlich für sie schreibst? sicher nicht oder? weil wir geben unsere meinung ja nicht mit dem zeilengeld ab. freie heißt das dann.
    ich habe die taz auch nicht für ihre undistanzierte haltung kritisiert. sondern für die kombi anzeige/interview. wenn das nicht deutlich geworden ist, ist das doof.
    das interview übrigens hat wiederum ein autor geführt, der auch für springer arbeitet…
    peace!

  12. Julian says:

    ich kann die kritik ja auch grundsätzlich nachvollziehen und teile sie sogar. aber trotzdem hat sie für mich in diesem fall einen schalen beigeschmack. mit ein wenig mehr transparenz wäre schon viel gewonnen, gerade auch vor dem hintergrund, dass das in den “großen” medien so sträflich vernachlässigt wird.

  13. SKP says:

    es ist schon albern, daß man die berechtigung kritische punkte zu äußern daran festmacht, für welches blatt von welchem verlag der autor sonst noch so schreibt. das mag dem bekloppten bürgerlichen integritätskonzept, welches auch nichts anderes ist, als sich ein profil in der konkurrenz zu anderen zu verschaffen, dienlich sein, daß man sozusagen nicht in den eigenen garten scheißen kann und vermittelt auch so ein bisschen das heimelige gefühl familiärer doppelmoral, aber damit ist nichts, aber überhaupt gar nichts über den inhalt ausgesagt.

    deshalb vermag der julian seine geistige kapazität an google und einem hinweis auf das verlagshaus vorzuzeigen, aber kriegt zur sache nichts gebacken als einem “grundsätzlich nachvollziehen” und einem “schalen beigeschamck”. wie albern und erbärmlich.

    ich wiederum hab an laura höchstens eine formkritik, weil ich etwas die on point schreibweise vermisse wegen der ich andere artikel von ihr gerne lese. inhaltlich stimme ich ihr zu und zwar nicht nur grundsätzlich nachvollziehend sondern teile das.

  14. Gaston says:

    “wir geben unsere meinung ja nicht mit dem zeilengeld ab. freie heißt das dann.” – wirklich ein geniales argument. damit geht alles!

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