Vor einiger Zeit rief die Mädchenmannschaft dazu auf, Hasskommentare im Netz zu thematisieren, zu diskutieren und vor allem sichtbar zu machen. Gemeint waren vor allem die unterirdischen Blogkommentare und Tiraden irgendwelcher obskurer Männerrechtler, die Blogs mit Genderthematik zu ihren Feinden auserkoren haben.

Damit hören die Probleme mit Beleidigungen und Trollattacken im Internet aber lange nicht auf, denn in der Anonymität des Internets pöbelt es sich eben besonders gut. Deutschsprachige Modebloggerinnen haben mit Kommentaren zu kämpfen, die oft jenseits einer guten Kinderstube liegen. Hier gehen vor allem Frauen auf Frauen los. Inhaltliche Blogposts werden gerne mal ignoriert, stattdessen wird bei Outfits beleidigend zugeschlagen und mit Vorliebe das Aussehen der Bloggerinnen beleidigt.

Darüber haben wir uns mit Jessica Weiss vom bekannten Modeblog Lesmads unterhalten.

HATE: Die meisten Kommentare auf eurem Blog bekommt ihr für Outfits, gleichzeitig fallen da aber auch die gemeinsten und die, die euch persönlich am krassesten angreifen. Wie geht ihr mit diesem Widerspruch um?

Jessica: Es ist sehr einfach, über den Geschmack anderer zu urteilen. Da vergessen sich einige Leser dann immer ganz gerne. Wir haben gelernt, damit umzugehen – wir akzeptieren stets andere Geschmäcker/Meinungen und ignorieren einfach die persönlichen Angreifer.

HATE: Habt ihr das Gefühl, dass ihr schlechter behandelt werdet als andere Modebloggerinnen, weil ihr einen kommerziellen Blog betreibt?

Jessica: Als uns noch niemand kannte, hatten wir kaum negatives Feedback. Erst ab einer bestimmten Größe ist man ein gern gesehenes Ziel. Das ist aber nicht nur bei uns ein Phänomen, auch andere bekannte Modeblogs im Ausland haben mit diesem Phänomen zu kämpfen.

HATE: Als ihr vor einiger Zeit das Feature im ZEIT MAGAZIN über Modeblogger/innen aus Deutschland gepostet habt, gab es viele, wie ich finde, erschreckend bösartige und neidische Kommentare. Habt ihr das Gefühl, dass euch andere Mädchen den Erfolg nicht gönnen?

Jessica: Den Eindruck hatten wir leider schon oft anhand der Kommentar auf unserem Blog und ja, ich denke, dass da auch immer mal wieder Missgunst mitschwingt.

HATE: Gibt es einen Unterschied zwischen kommentierenden Männern und Frauen?

Jessica: Mal abgesehen davon, dass kaum Männer bei uns kommentieren: Ja. Frauen sind stutenbissiger, Männer versuchen, vor allem bei negativer Kritik, möglichst geschwollen einen Eindruck zu hinterlassen und die Arbeit nieder zu machen.

HATE: Sind es eher anonyme User, die unsachlich kommentieren oder habt ihr da auch negative erfahrungen mit Bloggerkollegen gemacht?

Jessica: Zu 99% sind es anonyme Kommentatoren, die ihr Unwesen treiben. Nur in den seltensten Fällen trauen sich andere Blogger, auch ihre URL dazu zu schreiben. Ist aber auch schon vorgekommen.

HATE: Ihr werdet ja auf ganz unterschiedliche Arten angegriffen, manche gönnen euch den Erfolg nicht, andere kritisieren sehr hart euer Äußeres oder euren Geschmack, wieder andere werden wütend, weil sie die von euch präsentierte Kleidung als zu teuer empfinden. Was lässt euch kalt, was regt euch auf und was verletzt euch?

Jessica: Es sind eigentlich nie die Kommentare, die den eignen Geschmack ankreiden, sondern vielmehr Kommentare, die falsche Behauptungen/Lügen über unsere Website, unseren Verlag oder unser Schaffen aufstellen. Oder nicht fundierte Kritik, die leider nicht den Gesamtkomplex unseres Blogs betrachtet. Gern wird Positives einfach unter den Tisch fallen gelassen, über einen Rechtschreibfehler oder andere Kleinigkeiten regen sich die Leute dann aber stundenlang auf. Wir haben gelernt, alles zu ignorieren – mit Ausnahme von konstruktiver Kritik. Die gibt es aber leider viel zu selten in der Anonymität des Netzes. Schwierig sind nur die Kommentare, die wirklich persönlich werden. Da kämpfen wir ganz selten immer noch mit.

HATE: Kommentiert ihr selber noch auf anderen Blogs und wenn ja, was am ehesten und wie?

Jessica: Wir kommentieren kaum noch, hinterlassen aber immer Feedback wenn uns was gefällt oder wenn man was Spannendes zu einem Thema zu sagen hat. Wenn etwas nicht gefällt, lassen wir das unter den Tisch fallen – weil es einfach nicht interessiert.

HATE: Vielen Dank für das Gespräch.

Bild von LesMads

Category: Relevanz, Stil

Tagged: Blog, , Jessica Weiss, LesMads, Mode, Modeblogs,

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13 Responses

  1. hannah says:

    go jessie, go jessie…

  2. rob says:

    genau so ist es! ;)

  3. jen says:

    Recht habt ihr – jedoch finde ich schon, das auch Nichtgefallen interessieren kann. Immer nur “oh wie schön!” zu lesen, ist mir zu sehr Brave New World. Das Wichtige dabei ist doch der Ton und die Art und Weise, wie es geäußert wird.
    Allerdings: “Konstruktive Kritik” – davon hätte ich gerne mal eure Definition. Ich glaube, was bei LesMads lange (oder immernoch) ein Problem war, ist dass der Blog sehr selbstgemacht daherkommt(-kam), aber ein Unternehmen dahintersteckt, was ja völlig ok ist, nur eben für viele nicht augenscheinlich. Da haben sich viele über gesponsorte Werbung oder Berichte über neue Kollektionen aufgeregt, weil LesMads als “käuflich” hingestellt wurden – dabei ist sowas in anderen Modeblogs ganz normal,nur gingen die damit vielleicht offener um?
    Ich denke aber, spätestens seit dem LeadAward ist es auch bei den letzten angekommen.

  4. Lisa says:

    auf den punkt. merci!

  5. Sue says:

    Fragen auf den Punkt, Antworten ebenso.
    Am besten finde ich, dass es HATE Magazin heißt, passt ja :)
    Und wer hat noch keine fiesen (und ich meine damit unkonstruktive) Kommentare zu Outfits bekommen? Ich fand es vor allem an Anfang meines Bloggerdaseins schwer, mit solchen Kommentaren umzugehen, weil man nicht gewohnt ist, dass ein Outfit solch vielschichtige Reaktionen provoziert. Mittlerweile kommen nur noch selten bösartige Kommentare, der letzte war etwas mit “du bist so langweilig”. Na, wenn das so ist :)

  6. [...] This post was mentioned on Twitter by Heiko Hebig, Timmi Seifert. Timmi Seifert said: word! @lajessie @lesmads – http://wordpress.hate-mag.com/?p=218 (via @heiko) yeah! [...]

  7. Jérôme says:

    Nichts weiteres anzumerken. Wahre Worte!!!

  8. Nicole says:

    Ich finde es schwer, mir solche Kommentare nicht zu Herzen zu nehmen und bewundere Jessie und Julia häufig, dass sie die fiesen Kommentare nicht einfach löschen. Einige Bloggerinnen habe sich mal die Mühe gemacht, die IP Adressen der boshafte Schreiber zu verfolgen und festgestellt, dass immer wieder die gleichen sind. Schade, dass diese Leute nichts anderes zu tun haben. Ob sie auch ihre Gastgeber beschimpfen, wenn sie eingeladen werden?

  9. Natascha says:

    Ihc muss aber sagen, dass sich LesMads scheinbar auch konstruktiver Kritik nicht wirklich annimmt. Vielleicht sogar annimmt, umgesetzt wird dann aber wenig.

  10. kathrin says:

    “Wenn etwas nicht gefällt, lassen wir das unter den Tisch fallen – weil es einfach nicht interessiert.” – danke. passt wunderbar. zu allen möglichen diskussionen die dazu im umlauf sind.

  11. Janna Benden says:

    Gelange gerade von dem LesMads-Artikel hier her und finde die Worte auch sehr treffend formuliert.

    Und Natascha, genau das ist unkonstruktiv! Du gibts weder ein Beispiel, noch ist dein Kommentar fundiert!

  12. says:

    oh gott, ist das langweilig. wenn einem das blog nicht gefällt, dann ist man halt ein neider? oder ein sexist. passt ja alles zusammen in eurer kleinen welt. wer becker und bohlen nicht mag ist nach der auffassung von becker und bohlen ja auch nur ein neider und wer hella von sinnen gern ohrfeigen würde, ist ein sexist oder nazi.
    konstruktive kritik wäre es ja mal gewesen, les mads kritische fragen zu stellen. zum beispiel wie man auf die irritierende idee kommt, ein interview mit dirk von lotzow, als einen “plausch mit einem urgestein des deutschen rocks” zu bezeichnen, ohne sich zu schämen.

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