Vor etwa einer Woche erschien in der Wochenzeitung FREITAG eine Titelgeschichte, verfasst von einer Mirna Funk, die im hier unten zitierten Text zu Recht als gehässig bezeichnet wird.
Eigentlich wäre das nicht weiter erwähnenswert, denn solche Texte erscheinen seit 10, 20, 30 Jahren immer wieder: junge Frauen, die sich selber als wahnsinnig emanzipiert und ach-so-sexy-und-cool empfinden, schreiben gegen den vermeintlich lustfeindlichen Feminismus an. Aus einer ästhetischen Kritik wird Inhaltliches geschlussfolgert, man selbst und noch ein paar andere – in Mirna Funks Fall die Frauen in der DDR – halten als Beispiel her und fertig erscheint der erbrachte Beweis der gelungenen Emanzipation. Sollen die anderen doch mal aufhören zu jammern.
Leider hat der Artikel – zumindest in unseren Teilen des Internets – so große Runden gedreht, dass wir ihn nicht länger ignorieren wollen.
Die von den beiden MISSY MAGAZINE-Redakteurinnen Katrin Gottschalk und Margarita Tsomou verfasste und im Kommentarteil des FREITAG veröffentlichte Kritik hingegen, kann, wenn es nach uns geht, gerne noch viel größere Runden drehen, denn was die beiden schreiben, trifft so nicht nur als Antwort auf Mirna Funk zu.
“Der rhetorischer Trick, den Funk als roten Faden in ihrem Text nutzt, funktioniert also nicht: das ostdeutsche feministische Erbe kann nicht als argumentativer Deckmantel dienen, um weitläufige Entsolidarisierung gegenüber jeder von uns zu betreiben, die kollektiv und politisch in diesem Land den Mund für den Feminismus aufmacht. Er dient vor allem dazu, ein neoliberales Projekt zu fördern, das Feminismus zu einem individualisierten Aufstiegsprojekt für ein paar gebildete weibliche Einzelexemplare erklärt.
So seien diejenigen unter uns, die Gleichberechtigung thematisieren, einfach nicht so weit emanzipiert, wie Mirna Funk und seien daran entsprechend selbst Schuld: „Sie stehen sich selbst im Weg“, wenn sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fordern. Die Aufschrei-Bewegung ist „Geplänkel“ und ein Zeichen der Schwäche, denn das Problem seien nicht die sexistischen Chefs, sondern die Frauen, die sich nicht als Subjekte wahrnehmen. Funk nimmt sich als Subjekt wahr und für sie ist das gar nicht mehr Sexismus, also eine gesellschaftliche Struktur, sondern ein individuelles Wahrnehmungsproblem von westdeutschen Frauen.Dabei, und das wurde schon vor einem Jahr diskutiert, ist Sexismus eben mehr als eine anzügliche Bemerkung zwischen einem männlichen Chef und einer weiblichen Angestellten. Sexismus betrifft potentiell nicht nur weiße, junge, heterosexuelle Frauen, sondern vermischt sich auch mit Transphobie, Homophobie, Klassismus und Rassismus. Indem Funk diesen Umstand ausblendet, verhandelt sie soziale Probleme wie Unterdrückungsmechanismen auf Küchenpsychologie-Niveau nach dem Motto „befreie dich selbst, dann ist auch die Unterdrückung kein gesellschaftliches Problem mehr“.
Mirna Funk hat, wie sie selbst schreibt, also mehr Angst vor Frauen wie uns, die wir aufschreien, als vor dem Chef, der ihr auf den Arsch schaut. Für sie vertiefen wir die Ungleichheit, weil wir sie überhaupt thematisieren, anstatt ihr lässig mit einem langen Schweigen zu begegnen – so die Wunderwaffe der Emanzipation von Funk. “
(Anmerkung am Rande: Klar, man muss Mirna Funk nicht dafür kritisieren, dass sie über Beauty bloggt und Porsche fährt, wie es die beiden in ihrer Entgegnung machen, und man hätte die zunehmende Neoliberalisierung des Feminismus noch stärker betonen können, aber wer will denn immer meckern…)
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