Es war einmal vor langer Zeit in einem leider nicht allzu fernen Königreich. Da beschloss ein König, dank einer gewissen Affinität zum Schnittchen essen und Prossetschio trinken kurz „Schnittchen“ genannt, bei seinen Untertanen für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Denn er hatte das Gefühl, dass vor dem Schlossgraben das Chaos regierte. Mit der Krönung im Jahr 2009 befanden sich in der Schatzkammer 570.000 Taler Miese, eine Hinterlassenschaft des früheren Königs und seiner Zofe, die sich mit den Talern davongemacht hatten. Schnittchen, frisch gewählt, aß seine Namensvetter und stellte sich auf blöd: „Hoppala, da fehlt doch Geld! Das bemerkt sicher keiner! Aber keine Sorge, liebe Untertanen! Ich habe den Abakus bedient. Das ist ja ganz einfach!“ schmatze er vergnügt und spülte die letzten Reste seiner Gewürzgürkchen zwischen den Zähnen mit einem Glas Prossetschio runter. „Wer 570.000 Taler veruntreut hat, der zahlt einfach nur 60.000 Taler. Das ist die Summe, die der Ex-König und seine Zofe zurückzahlen sollten!“ beschloss er, denn Schnittchen durfte nämlich die Regressforderung für seinen Parteifreund selbst bestimmen. Von wegen Krähe und Auge aushacken und so.

Ich überlegte, ob diese Milchmädchenrechnung auch für das Bafögamt gelten könnte. Wir sind zwar keine Parteifreunde, aber das stört mich nicht. „Bafögamt! Ich schulde euch 10.000 Taler, dann zahl ich einfach ehhhh 20 Taler und wir sind quitt! 20 Taler schulde ich euch! Applaus! Man reiche mir ein Gläschen Prossetschio!“ Groß waren auch Schnittchens weitere Vorhaben in seinem Königreich: Das Problemviertel mit dem Stahlbesen seiner ritterlichen Task Force durchkehren wollte er! Den Junkies und Prostituierten ihr bequemes Leben madig machen! Ruhe und Ordnung stand auf seinem Schild! Die Polonaise der Provinzpossen wurde immer länger. Es nahte der jährliche Aufmarsch der Neonazis zum Antikriegstag. Der Herrscher über Brot und Käse ließ sich einzig eine gute Erklärung zum Verbot einer Protestveranstaltung in den Tagen vor dem Aufmarsch einfallen. Sie könnte die Rechten provozieren, denen es Schnittchen in seinem Königreich bisher recht bequem gemacht hatte. Ich fühle mich auch von so vielem provoziert, eigentlich den ganzen Tag lang durch dieses und jenes. Und zurzeit besonders durch Schnittchen und seine selbstgerechte, nickelige Art. Der König wand sich weiter, suchte nach Ausreden, warum denn nun auch noch die Gegendemonstration verboten werden musste. Er fand sie: Die sogenannten autonomen Schnittchenhasser könnten sich frühzeitig auf den Weg ins Königreich machen! Ein ganzer sogenannter Park wurde kurzfristig abgesperrt, um den plötzlich anreisenden 300 gewaltbereiten sogenannten Chaoten Einhalt zu bieten. Ich blickte mit meinem Spannerfernglas aus dem Fenster und fragte mich: „Ja wo sind sie denn, die marodierenden und brandschatzenden Banden, die des Königs sogenanntes Schnittchenessen stören wollen?!“ Ich kratzte mich am Kopf, zurrte die Lockenwickler fest und schlurfte mit meinem fetten Kater im Arm nach draußen. Nix. Kopfschütteln, Schulterzucken.

Als dann der große Tag des Aufmarsches gekommen war, hatte der König, wie nicht anders zu erwarten, wieder einen Geistesblitz: Ein Frühstück gegen Rechts. Wie frühstückt man denn gegen Rechts? Bastelt man aus Salami Hakenkreuze, legt sich diese aufs Brötchen und streicht das ganze dann mit einem dicken, roten Kranz Ketchup wieder durch? Oder wird die Sitzordnung ganz demokratisch und geheim gewählt?

Schnittchen ließ auch bei seinen Frühstücksansprachen keine Peinlichkeit aus. Erklärte in seiner unverwechselbaren, überheblichen Art (und während er ein Käseschnittchen mümmelte), dass sein Königreich keine Belehrung von auswärtigen Demonstranten brauche. Genau. Dortmunder Protest den Dortmundern. Später bot er den verlorenen linken Schäfchen großmännisch Hilfe beim Ausstieg aus ihrer Szene an. Schnittchen bedankte sich überschwänglich bei seinen Frühstückskumpanen, meinten sie doch jeden Neonazi eigenhändig mit pädagogischem Gequassel aus der Stadt gejagt zu haben.

Ich bin in der Regel gut informiert, aber die großartigen Taten unseres Königs sind mir in den letzten Jahren bisher nicht so ins Auge gesprungen. Vielleicht agiert er im Hintergrund, wie Darkwing Duck? Schleicht sich in albernen Kostümen durch die Nacht, um den Schlaf der unbescholtenen Bürger vor Chaoten und schimmelnden Schnittchen zu schützen?

Am Ende des Tages feierten sich dann wie immer die selbsterkorenen Rächer der bürgerlichen Ruhe und Ordnung: Unser König und seine Kumpanen vom Bratwurst-gegen-Rechts-Essen. Nach dem demokratischen Wurstverzehr schmierte man sich das Wurstfett an der Hose ab, klopfte sich mit der senfverschmierten Hand gegenseitig auf die Schulter und gratulierte sich selbstgefällig zur guten Tat.

Ich habe den Tag nicht mit einem königlichen Candle Light Dinner gegen Rechts ausklingen lassen, sondern meiner Katze lieber die entzündeten Ohren gespült. Und irgendwie beschleicht mich das Gefühl, damit ungefähr genau soviel gegen Neonazis getan zu haben, wie unser vom Eröffnungprossetschio gezeichneter König mit seinen Schnittchenessereien und peinlichen, von Befindlichkeiten gelenkten Hackentretereien.

 

 

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