Was man immer alles muss in so Urlauben, die ja nie wirklich welche sind. Hier in New York muss man unzählige Sights seen, die coolsten Bezirke besuchen, unbedingt diese eine Pizza essen und aufjedenfall ganz viel Einkaufen. Nicht nur Schuhe, auch Medikamente. Oder man bekommt folgende komische Mails: „Den besten Frozen Yoghurt gibt es bei Bloomindale’s 59. St, Lexington Ave. mit der Subway im 7. Stock durch die Bettenabteilung. Gute Toiletten sind dort auch.“ Dabei reicht es doch als Abenteuer absolut aus, alles aufsaugend durch die Gegend zu gehen ohne sich zu verlaufen, die Deckenwickeltechnik über die Nacht hin zu erhalten, sich nicht am Plastiküberzug zwischen Matratze und Laken zu stören und ganz wichtig: immer genügend zu trinken, auch wenn man keine Lust hat, sich ständig nach nutzbaren Toiletten umzuschauen. Zumindest reicht mir das. Dabei haben sich die Erwartungen an diese Stadt ja quasi das ganze Leben mehr und mehr aufgeplustert. Nicht zuletzt wegen diesem ungeheuer schlauem Werbefeldzug der amerikanischen TV- und Filmproduktionen. Man muss sich das mal überlegen. Fast jeder Film, der uns geprägt hat, jede Serie, die wir heute für individuelles Identifikationsrausposaunen nutzen, alles aus Amerika importiert. Türen, Betten, Menschen, all das kommt einem erstmal vor wie aus einer nicht real existierenden Kaugummi-Welt. Die Menschen sind Charaktere aus unseren Lieblingsserien. Im Park sieht man die Nachbarin aus Alf joggen, in Little Italy sieht man nur Mafiosi mit Therapieansprüchen und wenn ein alter amerikanischer Wagen mit erhöhter Last auf der Hinterachse an der Ampel hält und ein Ellbogen herausschaut, fragt man sich, was eigentlich zuerst da war. Dieser Wagen mit seinen männlichen – man sagt wohl Gangster- Insassen oder das Bild aus dem Fernseher. Und wie lange hat man gedacht, dass ganz Amerika die Vorwahl 555 hat? Also ich schon eine gewisse Zeit lang. Dann kauft man sich ein Bier am Nachmittag, ist ja sowas wie Urlaub, und kommt sich vor wie die verkommene Darstellerin in einem Sozialdrama. Kennzeichen: Braune Papiertüte. Alles ist also wie das Zuhause, in das man sich träumte, weil man glaubte es existiere nicht. Und dann ist es plötzlich alles wirklich so schön und hässlich und absurd und diesmal riecht es auch noch. Nach Pizza, nach U-Bahn, nach Chlor und aufgewärmten Müll. Und dann steht man an dem wenig spektakulären Bauzaun am Ground Zero und bekommt tatsächlich Tränen in die Augen. Weil es eben alles nicht nur Bilder sind.

Category: Relevanz, Stil

Tagged: Ground Zero, NYC

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One Response

  1. Robin says:

    Wow!

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